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Ein Altenheim wird zum Atelier

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ALSFELD (ol). Im Haus Stephanus in Alsfeld gestaltet ein kreatives Kunstprojekt die außergewöhnliche Skulptur „Steffi“, die als Symbol für Identität, Gemeinschaft und Lebensfreude dient. Unter der Anleitung von Künstlerinnen und dem Engagement von Bewohnern, Angehörigen sowie Praktikanten entsteht ein lebendiges Kunstwerk, das Erinnerungen konserviert und Brücken zwischen Generationen schlägt.

Das Haus Stephanus wird zum Atelier, der Alltag zur Leinwand. Mit der Skulptur „Steffi“ entsteht ein außergewöhnliches Kunstprojekt, das Bewohner, Angehörige, Praktikanten und Künstler zusammenbringt. Sie erschaffen gemeinsam ein Werk, das mehr ist als eine Figur – es ist ein Symbol für Identität, Gemeinschaft und Lebensfreude, wie es in der Pressemitteilung des Haus Stephanus heißt.

Mit jedem Pinselstrich erwacht „Steffi“ zum Leben. Unter der Anleitung der Künstlerinnen Gerlinde Kielburger und Heidi Höll sowie Projektkoordinatorin Minh Luis entsteht ein Kunstwerk, das Erinnerungen konserviert und Brücken zwischen den Generationen schlägt. „Wir wollen nicht nur eine bunte Figur gestalten“, sagt Minh Luis. „Jede Farbe, jede Form erzählt eine Geschichte. Kunst öffnet Türen – auch für Menschen, die oft in ihrer eigenen Welt leben.“ Das Projekt ist Teil des hessischen Förderprogramms „Pflegeheim – Mitten im Leben“ und der Initiative „Generationen-Gesundheitsnetzwerk“, die sich gegen Einsamkeit im Alter einsetzt. Hier entsteht Kunst, die verbindet.

Ein Kunstwerk, das Gegensätze vereint

Die Gestaltung von „Steffi“ folgt keinem starren Konzept, sondern einem kreativen Prozess, der überrascht und berührt. Eine goldene Linie am Kopf trennt Schwarz von Weiß – eine Hommage an das Prinzip von Yin und Yang. „Diese Trennung symbolisiert Gegensätze, die zusammengehören“, erklärt Luis. „Hell und Dunkel, Vergangenheit und Zukunft, Leben und Erinnerung.“ Fingerabdrücke der Bewohner und Praktikanten umrahmen die Figur wie eine schützende Hülle. Das Gesicht auf dem linken Bein trägt ausdrucksstarke Augen – als Tor zu Emotionen und Erlebtem. Der Rücken leuchtet in einem Farbenmeer – ein Sinnbild für Wandel, Vielfalt und die vielen Geschichten, die das Leben schreibt.

Auf der Vorderseite zieht ein schwarz-weißes Schachbrettmuster die Blicke auf sich. „Schach steht für Strategie, aber auch für Gemeinschaft“, sagt Minh Luis. „Es geht um Denken, ums Miteinander, um gemeinsame Herausforderungen.“ Schmetterlinge und eine Pusteblume symbolisieren Leichtigkeit und Veränderung, während goldene Akzente an besondere Momente erinnern. „Diese Skulptur lebt durch das, was wir in sie hineinlegen“, sagt eine Angehörige.

Einrichtungsleiter Manuel Jöckel betrachtet die Farben des Kunstobjekts als lebendige Ausdrucksmittel, die die Komplexität und Vielfalt menschlicher Emotionen widerspiegeln. „Jede Nuance wurde scheinbar unbewusst mit Bedacht gewählt, um eine tiefere Verbindung zwischen der Figur und dem Betrachter zu schaffen.“

Kunst als Therapie – ein Spiegel der Persönlichkeit

Für viele Bewohner sei das Kunstprojekt mehr als nur kreative Beschäftigung – es ist eine Ausdrucksform, wenn Worte fehlen. „Demenz nimmt Erinnerungen, aber nicht das Gefühl, sich auszudrücken“, sagt Luis. „Wenn ein Bewohner mit der Hand über die Farben fährt, spürt er etwas. Kunst bleibt in den Sinnen lebendig.“

Praktikanten erleben hautnah, wie Kunst Gespräche anregt, Erinnerungen weckt und Barrieren überwindet. „Ich hätte nie gedacht, dass so eine Figur so viel auslöst“, sagt eine Praktikantin. „Man sieht, was Kunst bewirken kann – vor allem bei Menschen mit Demenz.“

Ein lebendiges Projekt – und ein neuer Blick auf das Alter

„Steffi“ ist mehr als eine Skulptur – sie verändert nicht nur sich selbst, sondern auch die Menschen, die an ihr arbeiten. „Wir lachen, wir tanzen, wir diskutieren, wir experimentieren“, sagt Heidi Höll. „Es fühlt sich an, als würden wir durch dieses Projekt noch ein Stück mehr zusammenwachsen.“

Die Skulptur wächst weiter – mit neuen Farben, neuen Erinnerungen, neuen Geschichten. Ihr Ziel ist klar: Sie soll zeigen, dass Kunst kein Alter kennt und Kreativität keine Grenzen setzt. „Wenn wir Steffi anschauen, sehen wir nicht nur Farben“, sagt Bewohnerin Petra Hamel. „Wir sehen unser Leben, unsere Vergangenheit, unsere Zukunft – und uns selbst.“

Fotos: Minh Luis/GFDE/Haus Stephanus

Der Beitrag Ein Altenheim wird zum Atelier erschien zuerst auf Oberhessen-Live.


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