
ALSFELD (ls). Über 40 Millionen Euro will ein Frankfurter Projektentwickler in die Zukunft Alsfelds investieren und auf der Goldschmiedswiese auf dem ehemaligen BGS-Gelände um die 100 Wohnungen und ein Seniorenpflegeheim bauen. Für die Idee und die Pläne gab es am Donnerstagabend grünes Licht aus der Lokalpolitik, gefolgt auf deftige Auseinandersetzungen.
Spruchreif sind die Planungen noch nicht und doch werfen sie große Schatten voraus: Auf einer Freifläche auf dem ehemaligen BGS-Gelände – der sogenannten Goldschmiedswiese – sollen in acht dreigeschossigen Wohnblöcken gut 100 Mietwohnungen sowie ein separates Seniorenpflegeheim mit nochmal etwa 80 Wohnungen entstehen.
Ambitioniert sind die Pläne des Lauterbachers David Hinkel, der gemeinsam mit seinem Partner ein Unternehmen für Projektentwicklung in Frankfurt betreibt und am Donnerstagabend mit der mehrheitlichen Zustimmung – mit Ausnahme der ALA – des Stadtparlaments grünes Licht dafür bekommen hat. Reibungslos verlief die Entscheidung dazu nicht.
Das hatte sich schon einen Abend zuvor im Ausschuss abgezeichnet, wobei ALA-Stadtverordneter Konrad Rüssel und ALA-Fraktionschef Michael Riese den Standort kritisierten und die Frage aufwarfen, ob es in der Stadt überhaupt Bedarf an einem weiteren Seniorenpflegeheim gebe.
Idee: Bis zu 100 neue Wohnungen und Seniorenheim für Alsfeld
„Bei all den positiven Aspekten, die bei den Plänen vorgestellt werden, gilt es die Gesamtentwicklung dort zu betrachten“, bekräftigte Riese auch am Donnerstag vor dem Parlament. Das BGS-Gelände gleiche schon jetzt einem Flickenteppich aus unterschiedlichen Nutzungen und da müsse die Frage erlaubt sein, ob das der geeignete Standort für Mietwohnungen ist. Außerdem würde die Schaffung von Mietwohnungen dort nicht die weitere Schaffung von Mietwohnungen an anderer Stelle in der Stadt ausschließen.
Im Ausschuss hatte Alsfelds Bürgermeister Stephan Paule bereits erklärt, dass die Nachfrage nach Wohnraum – auch nach sozialem Wohnungsbau – allein durch die 100 möglichen neuen Wohnungen nicht zwangsläufig gedeckt sei. „Wir sind skeptisch wenn wir meinen, dass wir überall Wohnplätze brauchen“, sagte Riese und sah auch die Schaffung von einem weiteren Pflegeheim als einen „besonders kritischer Aspekt“ an den Planungen. Die Anzahl der Pflegeplätze steige, die Anzahl der Beschäftigten in der Pflege würde sinken – das sei ein Problem, was sich nicht so einfach beseitigen lasse.
Paule: Entwicklung der Stadt zu verhindern kann nicht politische Leitlinie sein
„Wir haben eine Baulücke und wir haben einen Investor, der konkrete Pläne hat und etwas schaffen möchte, was Alsfeld braucht. Darüber sollten wir froh sein“, entgegnete Paule. Die ALA, so sagte er, solle eine Umfrage machen bei der sie danach frage, gegen was sie noch alle sein kann. Es könne nicht die politische Leitlinie für dieses Gremium sein, die Entwicklung der Stadt zu verhindern, sondern man müsse sie gestalten.
Rückendeckung bekam Paule von CDU-Fraktionschef Alexander Heinz: „Was will die ALA? Sie liefert keine Antworten darauf, wie man dem angespannten Wohnungsmarkt in Alsfeld begegnen kann und auch nicht wie man die steigenden Kosten für Kitas, Kinderbetreuung und den Erhalt der Infrastruktur gegenfinanziert“, sagte er.
Alle würden die Situation auf dem Alsfelder Wohnungsmarkt kennen: Wer kleine Wohnungen suche, hätte Probleme, größere Wohnungen für Familien gebe es so gut wie gar nicht. „Jetzt ist ein Investor da und die ALA ist gegen die Versiegelung weil das nicht in das Gelände da oben passt und weil dort kein Bus hält“, sagte Heinz und spielte auf die Ausschuss-Kritik der ALA an, dass die Innenstadt von dort fußläufig für ältere Menschen nicht schnell zu erreichen sei.
Dass es genügend Pflegekräfte und auch Nachfrage an Pflegeplätzen gibt, werde der mögliche Heim-Betreiber geprüft haben, vermutete Heinz. Scheinbar gebe es Bedarf, sonst würde nicht gebaut und die Nachfrage befriedigt werden. „Die ALA hätte wahrscheinlich gerne eine Planwirtschaft und möchte sozialistisch planen. Das wollen wir nicht. Wir sind marktwirtschaftlich orientiert“, attestierte Heinz.
Riese warf Heinz „billige, nichtssagende Polemik“ vor
Die Frage nach dem Wohnungsbau habe man nicht kritisiert und auch nicht abgelehnt, sagte Riese. Ganz im Gegenteil: Die Fraktion habe angemerkt, dass Wohnungen in unterschiedlichen Größen gut sind, man habe lediglich zur Diskussion gestellt, ob das der richtige Ort ist – die ALA habe da andere Vorstellungen und die Aussage Heinz‘ über Plan- und Marktwirtschaft sei „billige, nichtssagende Polemik“.
„Ihr Vertrauen in den Pflegemarkt und die Marktwirtschaft in allen Ehren, aber wenn Sie die Zeitungen mal durchblättern, auch regional, dann sehen Sie, dass da nicht alles gut funktioniert“, sagte Riese. Die Entwicklung sollte man sich anschauen und sich fragen, ob man dann noch 80 neue Plätze brauche. „Ein bisschen mehr Kritikfähigkeit sollte die CDU aufbringen können, denn nur die Masse, in der sie da sitzen, wird nicht reichen. Und unsere Kritik kommt daher, dass die Vorgaben so beschissen sind, die Sie uns vorlegen“, konterte Riese.
„Nein, Sie sind dagegen, weil Sie einer anderen Auffassung sind“, sagte Paule. Dass Riese die politischen Kollegen als „Klippschule“ bezeichne, sei schon unterirdisch. Es sei aber eine fundamentale und freche Kritik, die Vorlagen der Verwaltung als „beschissen“ zu bezeichnen. „Das ist eine Unverschämtheit und Frechheit und das weise ich hiermit zurück“, sagte Paule. Kritik, so forderte es Paule, solle Riese mit ihm ausmachen und nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter.
Der Beitrag Grünes Licht und deftige Auseinandersetzungen zum Wohnungs-Projekt erschien zuerst auf Oberhessen-Live.